Programm 2012

Thema des Kongresses: »Vielfalt in der Einheit – Partikularinteressen im Betrieb«

Hinweis: Der Benutzername zum Abruf der Dateien lautet “Passau”, das dazugehörige Kennwort wurde auf der Veranstaltung bekanntgegeben.

Donnerstag, 21. Juni 2012

14.00 Uhr Begrüßung
Prof. Dr. Frank Maschmann, Universität Mannheim
 
14.45 Uhr Das liebe Geld: erlaubte und verbotene Differenzierung
Dr. Bertram Zwanziger, Richter am Bundesarbeitsgericht, Erfurt
 
15.45 Uhr Pause  
16.15 Uhr Leiharbeitnehmer – Randbelegschaft oder ein Teil des Einsatzbetriebs?
Prof. Dr. Frank Bayreuther, Universität Passau
 
19.30 Uhr Domkonzert  
20.30 Uhr Empfang im Museum Moderner Kunst
Verleihung des Wissenschafts- und des Praktikerpreises 2014 der Stiftung „Theorie und Praxis des Arbeitsrechts”
 

Freitag, 22. Juni 2012

08.30 Uhr Entgeltfindung im tarifpluralen Betrieb
RA Dr. Benedikt Schmidt, Kanzlei Raue, Berlin
09.30 Uhr Pause
10.00 Uhr Anspruch auf Beförderung? Freiheit und Bindung bei der Personalentwicklung
RAin Dr. Jutta Krogull, bayme vbm – Die bayerischen Metall- und Elektroarbeitgeber, München
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11.15 Uhr Urlaub, Pflegezeit, Teilzeitwunsch – Wie das Arbeitsrecht knappe Güter gerecht verteilt
RA Prof. Dr. Bernd Schiefer, Geschäftsführer unternehmer nrw, Düsseldorf
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12.30 Uhr Mittagsimbiss im Foyer des Redoutensaals
13.30 Uhr Vielfalt durch Quote – Umgekehrte Diskriminierung zu Lasten des Leistungsprinzips?
Priv.-Doz. Dr. Michael Grünberger, LL.M. (NYU), Universität Köln
 
14.30 Uhr Belegschaftsvertretungen im Spannungsfeld divergierender Arbeitnehmerinteressen
Prof. Dr. Hermann Reichold, Universität Tübingen
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16.00 Uhr Abschlussgespräch

 

Tagungsbericht 2012

Vielfalt in der Einheit – Partikularinteressen im Betrieb

Das Passauer Arbeitsrechtssymposion – ab sofort unter der Leitung der Wolfgang-Hromadka-Stiftung

Der Streik der rund 200 Vorfeldmitarbeiter auf dem Frankfurter Flughafen im Februar dieses Jahres, der die Fraport täglich 1 Million € und die Lufthansa einen “hohen zweistelligen Millionenbetrag” gekostet hat, hat auf ein Phänomen aufmerksam gemacht, das es immer schon gab, das aber nie so im Blickpunkt stand wie in unseren Tagen: die Vielfalt von Gruppen in der Belegschaft und die Vielfalt ihrer Interessen. Neu ist, dass sie ihre Interessen artikulieren und durchzusetzen versuchen, angefangen von den Frauen, die Quotenregelungen für Führungspositionen verlangen, bis hin zu Ärzten, Lokführern, Flugbegleitern, Vorfeldmitarbeitern und Feuerwehrleuten, die ihre Schlüsselstellungen für höhere Tarifforderungen einsetzen. Klug beratene Unternehmen bemühen sich, die Vielfalt ihrer Mitarbeiter für den Unternehmenserfolg nutzbar zu machen, die möglichen Nachteile der Verschiedenheit zu minimieren und die möglichen Vorteile zu maximieren. Schlagwort: diversity management.

In seiner Einführung zum 26. Passauer Arbeitsrechtssymposion wies Prof. Dr. Frank Maschmann, Universität Mannheim, darauf hin, dass Unternehmen, die maßgeschneiderte Lösungen für ihre Belegschaftsgruppen finden, einen höheren Firmenwert haben, dass sinnvolle Lösungen aber organisiert werden müssen. Als besondere Probleme nannte er die Heranführung der Randbelegschaften an die Stammbelegschaften, die Konkurrenz um knappe Güter und die neuerdings besonders spürbare Konkurrenz von Branchen- und Spartengewerkschaften.

Dr. Bertram Zwanziger, Richter am Bundesarbeitsgericht, verwies darauf, dass nicht erst das Antidiskriminierungsgesetz die Benachteiligung von Belegschaftsgruppen verpönt hat, sondern bereits das Grundgesetz. Allerdings gebe es trotz des Gleichbehandlungsgrundsatzes, dessen kaum noch überschaubare Facetten er schilderte, keinen Grundsatz “gleicher Lohn für gleiche Arbeit”.

Prof. Dr. Frank Bayreuther, Universität Passau, berichtete über die neuesten Änderungen für die 900.000 Leiharbeitnehmer, die etwa 3 % der Arbeitnehmer insgesamt ausmachen. Eine klare Linie in der Gesetzgebung ist nicht zu sehen. Niemand vermag zum Beispiel zu sagen, was es heißt, dass ein Leiharbeitnehmer nur “vorübergehend” in einem Unternehmen beschäftigt werden darf. Hier haben die Tarifparteien der Metall- und Elektroindustrie dankenswerterweise in ihrer Branche für Rechtssicherheit gesorgt: Zwei Jahre darf die Beschäftigung dauern, es sei denn, es gibt einen Sachgrund für eine Verlängerung.

Besonderer Aufmerksamkeit konnte sich Rechtsanwalt Dr. Benedikt Schmidt, Berlin, sicher sein, der über die Folgen referierte, die sich daraus ergeben, dass nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts jetzt mehrere Gewerkschaften unterschiedliche Tarifverträge nebeneinander fordern und erstreiken können. Wie komplex das Thema ist, zeigt sich daran, dass der britische Gesetzgeber zur Regelung der Frage 172 Paragraphen brauchte. Schmidt selbst hat darüber eine 800 Seiten starke Dissertation geschrieben. Die Lösungsvorschläge sind Legion. Trotz der glasklaren Ausführungen des Referenten war aber auch zum Schluss alles andere als deutlich, wie der Arbeitgeber künftig zu einem rationalen Entgeltsystem kommen soll.

Einen generellen Anspruch auf Beförderung gibt es nicht, kann es auch nicht geben – so Rechtsanwältin Dr. Jutta Krogull, Leiterin der neuen Passauer Geschäftsstelle von bayme vbm. Aber natürlich kann der Arbeitgeber sich selbst mehr oder weniger stark binden. Prof. Dr. Bernd Schiefer, Geschäftsführer unternehmer nrw, referierte über die Verteilung knapper Güter, wie Vollzeit- oder Teilzeitarbeit, Urlaub zu beliebter Jahreszeit, Kindergartenplätze (und wohl bald auch Plätze in Seniorenheimen). Hier hat der Gesetzgeber eine Vielzahl von Regelungen getroffen. Das Pflegezeitgesetz und das Familienpflegegesetz, die beide mit großem Aplomb verkündet wurden, spielen allerdings in der Praxis kaum eine Rolle.

Quotenregelungen für Frauen, ebenfalls ein viel diskutiertes Thema, sind – so jedenfalls Privatdozent Dr. Michael Grünberger, Universitäten Köln/Bayreuth – lediglich im Aufsichtsrat sinnvoll. Dass die unterschiedlichen Belegschaftsinteressen ihren Widerschein auch im Betriebsrat finden, liegt auf der Hand. Hier sah Prof. Dr. Hermann Reichold, Universität Tübingen, vor allem aus der Aufgabe der Tarifeinheit und dem daraus folgenden Nebeneinander von Tarifverträgen unterschiedlicher Gewerkschaften Schwierigkeiten auf die Betriebsräte zukommen.

„In unserer durch Individualismus geprägten Zeit sind die Unternehmen gut beraten, Partikularinteressen ernst zu nehmen. Die Unternehmen werden am erfolgreichsten sein, denen es gelingt, sie in das Gesamtinteresse der Belegschaft einzubetten“, fasste Prof. Maschmann, der in seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender der Wolfgang Hromadka Stiftung – zusammen mit seinen beiden Kollegen Prof. Dr. Frank Bayreuther (Universität Passau) und Prof. Dr. Markus Stoffels (Universität Heidelberg) – das Symposion erstmals leitete, die zwei inhalts- und arbeitsreichen Tage zusammen. Die über 200 Teilnehmer waren wie immer hochzufrieden mit den hochkarätigen Vorträgen in dem schönen Passau, zumal sie sich am Donnerstagabend bei einem Domkonzert und einem Gedanken- und Erfahrungsaustausch anlässlich eines Empfangs im Museum Moderner Kunst entspannen konnten. Teilnehmer wie Referenten waren sich einig: Der Übergang des Symposions von Prof. Dr. Dr.h.c. Wolfgang Hromadka, dem Begründer der Veranstaltung, auf die Wolfgang-Hromadka-Stiftung ist gelungen; um die Zukunft der Traditionsveranstaltung braucht einem nicht bange zu sein.

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